Seit Dienstag, dem 16. Juni 2020, steht die Corona-Warn-App kostenlos zur Verfügung. Diese soll helfen, Ansteckungen nachzuverfolgen. Wird eine Person positiv getestet, wird eine Warnung an alle Corona-Warn-App-Nutzer gesandt, die sich eine gewisse Zeit in der Nähe einer infizierten Person aufgehalten haben. Damit können die Corona-Infektionsketten durchbrochen werden. Besitzer eines geeigneten Smartphones können freiwillig entscheiden, ob sie die Corona-Warn-App installieren wollen oder nicht. Die Corona-Warn-App kann auch nachträglich wieder deaktiviert oder deinstalliert werden.


Der Datenschutz ist gewährleistet, da die Corona-Warn-App keine Geo-Daten auswertet und keine Ortsinformationen übermittelt. Ebenso erfolgt auch kein Versand und keine Speicherung von personenbezogenen Daten. Per Bluetooth werden anonymisierte Identifikationsnummern zwischen den Smartphones übertragen. Jedes Smartphone speichert nun in einer Liste lokal für jeweils 14 Tage, welche anderen Smartphones auf diese Weise erkannt wurden. Umgekehrt laden alle Smartphones mit aktivierter Contact-Tracing-API in regelmäßigen Abständen vom Server eine Liste aller in der Region positiv auf COVID-19 getesteten IDs herunter. Befindet sich unter diesen eine ID, die das Smartphone in seiner 14-Tage-Liste aufführt, wird der Nutzer via Benachrichtigung gewarnt und erhält Verhaltensempfehlungen.

 

Wichtig: die gewarnten Nutzer erfahren hierbei nicht, wann, wo und mit wem dieser Kontakt stattfand. Auch hier wird die Identität aller Beteiligten also soweit möglich geschützt.

Nun stellt sich die Frage, ob Unternehmen von ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern aufgrund der Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis eine Nutzung der Corona-Warn-App verlangen können. Sehen wir uns dazu die gesetzlichen Grundlagen an.


Eine Verarbeitung personenbezogener Daten, insbesondere wie vorliegend von besonders geschützten Gesundheitsdaten (Art. 4 Nr. 15, Art. 9 DS-GVO), bedarf nach dem Datenschutzrecht stets einer Erlaubnis (Art. 6 DS-GVO).


Das Bundesdatenschutzgesetz, welches in § 26 die datenschutzrechtlichen Voraussetzungen im Arbeitsverhältnis konkretisiert, erlaubt dem Arbeitgeber die Verarbeitung personenbezogener Daten, soweit dies für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich ist.

 

Allerdings: eine Anordnung zur Nutzung für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer kann hierauf aber nicht gestützt werden, auch für diese ist die Installation der Corona-Warn-App freiwillig! Dies gilt auch dann, wenn die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer ein Dienst-Handy nutzt.
Auch über eine Betriebsvereinbarung (sofern ein Betriebsrat vorhanden ist) kann nichts Anderes geregelt werden, weil es sich hierbei um den persönlichen Lebensbereich des Arbeitnehmenden handelt, den Betriebsrat und Arbeitgeber nicht reglementieren können. Ein mittelbarer Nutzungszwang, wie z.B. die Anordnung des Arbeitgebers, das Betriebsgelände nur unter der Nutzung der Corona-Warn-App zu betreten, ist ebenso ausgeschlossen. Aber – der Arbeitgeber kann (unter Beachtung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates) eine entsprechende Nutzungsempfehlung aussprechen.

 

Muss die Arbeitnehmerin/der Arbeitnehmer den Arbeitgeber über einen Infektionsverdacht informieren?

Der Arbeitgeber benötigt Informationen, um Schutzmaßnahmen für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ergreifen zu können. Mit Blick auf diese Schutzpflichten des Arbeitgebers und das erhöhte Infektionsrisiko besteht eine Auskunftspflicht des Arbeitnehmenden hinsichtlich einer (möglichen) Covid-19-Erkrankung. Zeigt die Corona-Warn-App der Arbeitnehmerin/dem Arbeitnehmer einen Infektionsverdacht oder einen hohen Risiko-Score an, muss er den Arbeitgeber darüber informieren. Die Auskunftspflicht des Arbeitnehmenden resultiert aus seinen arbeitsvertraglichen Nebenpflichten, die unabhängig von der Herkunft der Information (also nicht nur von der Corona-Warn-App) über eine mögliche Covid-19-Infektion zu erfüllen sind.


Arbeitsrechtliche Folgen eines möglichen Infektionsverdachts

Wenn nach einer entsprechenden Meldung durch die Corona-Warn-App die Arbeitnehmerin/der Arbeitnehmer das zuständige Gesundheitsamt informiert und dieses eine Quarantäne anordnet (§ 30 IfSG), kann in dieser Zeit die Arbeitsleistung i.d.R. nicht erbracht werden (es sei denn Homeoffice ist möglich). Der Arbeitgeber hat für die Zeit der angeordneten Maßnahme, maximal aber für sechs Wochen, eine Entschädigung in Höhe des Arbeitsentgelts zu leisten. Auf Antrag kann sich der Arbeitgeber die ausgezahlten Beträge von der zuständigen Behörde erstatten lassen (§ 56 Abs. 5 Infektionsschutzgesetz).


Wenn keine behördlichen Maßnahmen ergriffen werden müssen, weil die Corona-Warn-App z.B. bei einem niedrigeren Risiko-Score nur die Kontaktvermeidung empfiehlt, so hat der Arbeitgeber dennoch eine Fürsorgepflicht (u.a. §§ 3, 4 ArbSchG) und muss angemessen reagieren. Wie die notwendigen Maßnahmen dann aussehen, kann nur im Einzelfall unter Beachtung der betrieblichen Gegebenheiten und der betroffenen Personen bewertet werden (z.B. Einzelbüro, Homeoffice, Freistellung o.ä.).

 

Bitte beachten Sie:

Wenn der Arbeitgeber, bzw. Verantwortliche in seinem Betrieb Kenntnis über eine nachweislich infizierte oder unter Infektionsverdacht stehende Person erhält, darf die Identität dieser Person nur dann preisgegeben werden, wenn dies für Vorsorgemaßnahmen erforderlich ist. Dies kann dann der Fall sein, wenn geklärt werden muss, wer im Betrieb Kontakt mit der Person hatte.